Vom Deutschen Theater zur Lettischen Nationaloper

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Die Lettische Nationaloper und Ballett, wie sie heute aussieht. Foto: © LNOB

Die Lettische Nationaloper ist das kulturelle Aushängeschild des Landes. Viele Musikerkarrieren nahmen hier ihren Lauf. Erbaut wurde sie einst als Theater für die deutschbaltische Oberschicht in Riga.

Die Lettische Nationaloper stellte für zahlreiche lettische Künstler das Sprungbrett für eine international erfolgreiche Karriere dar. Namhafte Solisten wie Elīna Garanča, Kristīne Opolais, Egils Siliņš, Aleksandrs Antoņenko oder der Dirigent Andris Nelsons begannen ihre künstlerische Laufbahn auf der Bühne des opulenten Opernhauses in Riga. Regelmäßig erklingen dort auch Werke lettischer Komponisten in hauseigenen Produktionen.

Doch dies war nicht immer so: Das Gebäude, in dem heute international beachtete Opern- und Ballettinszenierungen aufgeführt werden, wurde einst als Theater für die deutschbaltische Oberschicht errichtet.

Erbaut wurde das im Volksmund auch „Weißes Haus” genannte neoklassizistische Gebäude 1863 – als Nachfolgebau für das baufällige Rigaer Stadttheater in der Altstadt. Dieses war das erste ständige Haus für deutschsprachige Ensembles in der damals zum Russischen Zarenreich gehörenden Ostseemetropole. Dort war von 1837 bis 1839 auch Richard Wagner als Kapellmeister tätig, woran eine Gedenkplakette am Bühnenportal des heutigen Opernhauses erinnert.

Bühnenportal mit Reliefs (Goethe, Schiller, Shakespeare und Wagner). Foto: Jānis Riņķis © LNOB

Der Planungsprozess für das neue Haus dauerte mehr als 30 Jahre. Erst als Zar Alexander II. 1857 die Abtragung der Befestigungswälle und den Bau von Steinhäusern außerhalb der Altstadt gestattete, einigte man sich auf eine freie Fläche am Ufer des heutigen Stadtkanals. Den Auftrag für den Neubau erhielt Ludwig Bohnstedt (1822-1885), ein in Sankt Petersburg geborener Architekt deutscher Abstammung. Die ersten Produktionen am neuen Spielort waren „Wallensteins Lager“ von Friedrich Schiller und „Fidelio“ von Ludwig van Beethoven.

Großer Theaterbrand 1882. Foto: Aus dem Bestand der Lettischen Nationalbibliothek © LNB

Am 14. Juni 1882 fiel das Theatergebäude einem Brand zum Opfer. Dabei wurde der Zuschauerraum völlig zerstört. Die Rekonstruktion übernahm der in Riga ansässige deutschbaltische Architekt Reinhold Schmaeling (1840-1917). Fünf Jahre später konnte der Kulturtempel nach seinem Entwurf wieder eröffnet werden – in nahezu ursprünglicher Gestalt.

Rekonstruiertes Theater mit Portalinschrift „Die Stadt den Darstellenden Künsten“. Foto: Aus der Privatsammlung von Jānis Zeps

Im lettischen Unabhängigkeitskrieg von 1918 bis 1920 wechselte das Theater gleich mehrmals seinen Namen. Mit dem Vormarsch der Roten Armee auf Riga wurde das Gebäude gegen Ende 1918 von den Deutschbalten verlassen. Kurz danach zogen die Ensemblemitglieder der neugegründeten Lettischen Oper in das Gebäude des damaligen Ersten Stadttheaters.

Als offizielle Geburtsstunde der Lettischen Nationaloper gilt aber erst der Tag der Umbenennung am 2. Dezember 1919. Aus der bislang kulturtragenden Schicht der Deutschbalten wurde eine kulturelle Minderheit. Dass sie bei ihrem Auszug aber auf eine Rückkehr in ihr Theater hofften, zeigten spätere Umbauarbeiten nach der wiedererlangten lettischen Unabhängigkeit 1991. In einem Versteck beim Zweiten Balkon wurden ihre alte Theaterbibliothek sowie Partituren und Dokumente entdeckt.

Lettische Nationaloper mit neuer Portalinschrift „Nacionālā Opera“. Foto: Aus dem Bestand der Lettischen Nationalbibliothek © LNB

Standort- und Besucherinformation

Lettische Nationaloper
Aspazijas bulvāris 3
Rīga, LV–1050
LETTLAND
Telefon: +371 6707377

E-Mail: info@opera.lv

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Deutsche Spuren in Lettland

Ein Projekt des Goethe-Instituts Lettland.
Autor: Jochen Könnecke