Russland:Evangelisch-Lutherische Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit oder Kirche des Ingermanlandes: Unterschied zwischen den Versionen

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Diese Gebäude sind die einzigen, die heute noch vom alten Deutschen Markt erhalten sind, der sich in Moskau bis in die späten 1950er-Jahre befand. Der Markt wurde 1792 von der Stadtverwaltung eingerichtet, aber schon seit alters her waren hier alle möglichen Dinge verkauft worden. Den Planungen gemäß wurden typengleiche Einkaufspassagen aus Backstein gebaut, deren Hauptdekoration die Arkaden der Galerien bildeten. Wegen seiner Form eines gleichschenkligen Dreiecks war der Markt ziemlich ungewöhnlich für Moskau. Er war etwa einen Hektar groß und befand sich zwischen der Friedrich-Engels-Straße (ehemals Irininskaja-Straße), der Ladoshskaja-Straße und der Wolchowski-Gasse. Im Innenraum wurde ein Platz für den Verkauf von kleineren Waren eingerichtet. Auch in den umliegenden Straßen und Gassen gab es viele verschiedene Geschäfte.
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Zum Gedenken der Toten und zum Abschiednehmen wurden auf dem Friedhofsgelände schon seit Anbeginn Kirchen erbaut. Im Jahre 1894 wurde hier ein schönes Gebäude aus rotem Backstein im pseudoromanischen Stil errichtet. Solch ein Gebäude im Stil des 10./12. Jahrhunderts, als die Menschen Europas noch nicht durch ihren Glauben getrennt waren, entstand nach den Plänen des Architekten T. Rode unter Beteiligung des Architekten deutscher Abstammung, Otto von Dessien. Im Gebäude gab es eine Friedhofskapelle zum Besingen eines Verstorbenen und Abhalten einer Andacht. Oben über dem Eingang ist ein Teil des ehemaligen Glockenturms erhalten geblieben: Dort hing früher eine Glocke, die jeder Mensch läuten konnte im Andenken an seinen verstorbenen Verwandten oder Freund. Die Mittel für den Bau der Kirche wurden von den Moskauer Reformatoren bereitgestellt, deshalb gehörte die Kapelle später zum Teil der Reformierten Kirche. Zu Sowjetzeiten gab es in diesem Gebäude Gemeinschaftswohnungen. Zwischen 1970 und 1980 wurden die Hausbewohner in anderen Stadtteilen untergebracht und die Verwaltung des Wwedenskoje-Friedhofes, die Direktion, die Buchhaltung und andere Abteilungen fanden hier Platz.
  
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war der Markt ein reger Handelsort. Hier konnte man Heu und Brennholz, Milch, Quark, Brot, Wurst und Gemüse kaufen. Im Frühjahr wurde in großer Menge junger Spargel, die Lieblingsdelikatesse der Deutschen, angeboten. In den mehrstöckigen Gebäuden waren Tavernen, Uhrengeschäfte und Gasthäuser untergebracht. Es gab sogar ein deutsches Volkshaus. Die für Moskau untypische Gestaltung der Häuser, beispielsweise die großen Fensterläden einiger Geschäfte und Wurstläden, unterschieden diesen Stadtteil stark von anderen. Die Inneneinrichtung der Läden mit deutschen weißen Keramikfliesen ließ die Geschäfte wie sterile Zahnarzträume aussahen und war ebenfalls außergewöhnlich. Viele Moskauer erinnerten sich noch lange daran, dass die Milch hier in besonderen Porzellanflaschen verkauft wurde, auf denen eine kobaltblaue oder goldene Aufschrift mit dem Namen der Verkäuferfirma stand. Viele Gebäude des Deutschen Marktes wurden Mitte der 1980er¬-Jahre abgerissen. Einige Marktgebäude sind auf der sogenannten Strelka erhalten geblieben, der Verbindung zwischen der Friedrich-Engels-Straße und dem Spartakowskaja-Platz.
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Das Gebäude der Kapelle reichte nicht aus für die verschiedenen Konfessionen, deren Vertreter auf dem Friedhof begraben wurden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde deshalb beschlossen, eine weitere Kirche zu bauen. Im Jahr 1911 entstand nach den Plänen des Architekten W. Rudanowskij das Gebäude der Evangelisch-Lutherischen Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit. Es war für die Bestattung der Menschen aller Konfessionen bestimmt, die zum Komitee, das für die vorbildliche Unterhaltung des Friedhofes zuständig war, gehörten: Das waren die Evangelisch-lutherische Kirche, die Römisch-katholische Kirche, die Reformierte Kirche und die Anglikanische Kirche. Diese Kirche wurde in den Jahren zwischen 1920 und 1930 geschlossen. Nach dem Krieg wurde das Gebäude für das Amt der Friedhofsverwaltung komplett umgebaut.
  
 
[[Datei:RUSSLAND_033_02.jpg|750px|thumb|left|Seitenansicht der Kirche des Ingermanlandes © Batanai Schamu]]
 
[[Datei:RUSSLAND_033_02.jpg|750px|thumb|left|Seitenansicht der Kirche des Ingermanlandes © Batanai Schamu]]
Das zweistöckige Haus Nr. 23, Gebäude 1 mit einem Torbogen zum Hof ist das „Wohnhaus der Familie Jakowlew und W. Trusow mit Kaufläden“. Die Fassade wurde 1825 erbaut, das Haus selbst gilt als das erste Steingebäude in der Gegend der Deutscher-Markt-Strelka. Das „Gebäude der Kaufläden“ bei Nummer 25, Bau 3 wurde 1863 errichtet. Ursprünglich war das ein einstöckiges Gebäude mit großen Rundbogenfenstern, einem Torbogen und Fassaden im Stil des Spätklassizismus. Die historische Gestaltung der Fassade ist bis heute erhalten geblieben: Große Schaufenster wurden teilweise ausgebaut und kleinere Fenster eingefügt; der Torbogen wurde zugemauert, an seiner Stelle wurde die Haustür eingebaut; außerem wurde das Gebäude im 20. Jahrhundert in zwei Stockwerke unterteilt.
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In den frühen 1990er-Jahren wurde das Gebäude an die neu gegründete Gemeinde der Kirche des Ingermanlandes übergeben. Die Kirche des Ingermanlandes ist eine russische lutherische Kirche der skandinavischen Tradition, deren Mitglieder hauptsächlich im Leningrader Gebiet und Karelien leben. Seit dem 1. Januar 1995 finden dort regelmäßig Gottesdienste statt. Der erste Pastor Oleg Sewastjanow übernahm den Wiederaufbau des kirchlichen Gebäudes und fand Geldgeber in der Diözese Oulu in Finnland. Die Einweihung der vollständig rekonstruierten Kirche fand am 12. September 1999 statt, in Anwesenheit finnischer Kirchenvertreter, des außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafters Finnlands in Russland Markus Lyra, des Erzpriesters der orthodoxen Kirche Wsewolod Tschaplin, des Beraters des estnischen Botschafters Olavi Rinne, von Vertretern der Römisch-katholischen Kirche und der Evangelisch-lutherischen Kirche Russlands. Das Gebäude ist auch innen restauriert worden: Im Hauptsaal befindet sich ein Kirchenaltar, im Untergeschoss sind Esszimmer, das Büro des Pastors und andere Diakoniedienste untergebracht, an der Innenseite über dem Eingang wurden Emporen angebaut.  
 
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Die Moskauer Hausfrauen waren zu allen Zeiten sehr begeistert von dem Deutschen Markt wegen seiner niedrigen Preise und guten Qualität der Lebensmittel. In den 1950er-Jahren wurde der Markt an einen neuen Ort in der nahe gelegenen Nemetskaja-Straße, heute Baumanskaja-Straße, verlegt. Interessant ist, dass in der Sowjetzeit zwei Straßen neben dem Deutschen Markt zu Ehren deutscher Kommunisten umbenannt wurden: Die Irininskaja-Straße wurde nach Friedrich Engels benannt und die Staraja-Basmannaja-Straße nach Karl Marx.{{#newBox:listbox}}
 
 
== Standortinformationen ==
 
== Standortinformationen ==
 
'''Evangelisch-Lutherische Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit oder Kirche des Ingermanlandes'''<br>
 
'''Evangelisch-Lutherische Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit oder Kirche des Ingermanlandes'''<br>
Moskau, Friedrich-Engels-Straße 23–27
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Moskau, Nalitschnaja-Straße, 1, Gebäude 1 (rechts vom Eingang durch das Südtor des Wwedenskoje-Friedhofes)
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== In Kooperation mit dem AOV „Internationaler Verband der deutschen Kultur“ ==
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* [http://de.ivdk.ru http://de.ivdk.ru]

Aktuelle Version vom 4. September 2020, 16:29 Uhr

Evangelisch-Lutherische Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit oder Kirche des Ingermanlandes © Batanai Schamu

Zum Gedenken der Toten und zum Abschiednehmen wurden auf dem Friedhofsgelände schon seit Anbeginn Kirchen erbaut. Im Jahre 1894 wurde hier ein schönes Gebäude aus rotem Backstein im pseudoromanischen Stil errichtet. Solch ein Gebäude im Stil des 10./12. Jahrhunderts, als die Menschen Europas noch nicht durch ihren Glauben getrennt waren, entstand nach den Plänen des Architekten T. Rode unter Beteiligung des Architekten deutscher Abstammung, Otto von Dessien. Im Gebäude gab es eine Friedhofskapelle zum Besingen eines Verstorbenen und Abhalten einer Andacht. Oben über dem Eingang ist ein Teil des ehemaligen Glockenturms erhalten geblieben: Dort hing früher eine Glocke, die jeder Mensch läuten konnte im Andenken an seinen verstorbenen Verwandten oder Freund. Die Mittel für den Bau der Kirche wurden von den Moskauer Reformatoren bereitgestellt, deshalb gehörte die Kapelle später zum Teil der Reformierten Kirche. Zu Sowjetzeiten gab es in diesem Gebäude Gemeinschaftswohnungen. Zwischen 1970 und 1980 wurden die Hausbewohner in anderen Stadtteilen untergebracht und die Verwaltung des Wwedenskoje-Friedhofes, die Direktion, die Buchhaltung und andere Abteilungen fanden hier Platz.

Das Gebäude der Kapelle reichte nicht aus für die verschiedenen Konfessionen, deren Vertreter auf dem Friedhof begraben wurden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde deshalb beschlossen, eine weitere Kirche zu bauen. Im Jahr 1911 entstand nach den Plänen des Architekten W. Rudanowskij das Gebäude der Evangelisch-Lutherischen Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit. Es war für die Bestattung der Menschen aller Konfessionen bestimmt, die zum Komitee, das für die vorbildliche Unterhaltung des Friedhofes zuständig war, gehörten: Das waren die Evangelisch-lutherische Kirche, die Römisch-katholische Kirche, die Reformierte Kirche und die Anglikanische Kirche. Diese Kirche wurde in den Jahren zwischen 1920 und 1930 geschlossen. Nach dem Krieg wurde das Gebäude für das Amt der Friedhofsverwaltung komplett umgebaut.

Seitenansicht der Kirche des Ingermanlandes © Batanai Schamu

In den frühen 1990er-Jahren wurde das Gebäude an die neu gegründete Gemeinde der Kirche des Ingermanlandes übergeben. Die Kirche des Ingermanlandes ist eine russische lutherische Kirche der skandinavischen Tradition, deren Mitglieder hauptsächlich im Leningrader Gebiet und Karelien leben. Seit dem 1. Januar 1995 finden dort regelmäßig Gottesdienste statt. Der erste Pastor Oleg Sewastjanow übernahm den Wiederaufbau des kirchlichen Gebäudes und fand Geldgeber in der Diözese Oulu in Finnland. Die Einweihung der vollständig rekonstruierten Kirche fand am 12. September 1999 statt, in Anwesenheit finnischer Kirchenvertreter, des außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafters Finnlands in Russland Markus Lyra, des Erzpriesters der orthodoxen Kirche Wsewolod Tschaplin, des Beraters des estnischen Botschafters Olavi Rinne, von Vertretern der Römisch-katholischen Kirche und der Evangelisch-lutherischen Kirche Russlands. Das Gebäude ist auch innen restauriert worden: Im Hauptsaal befindet sich ein Kirchenaltar, im Untergeschoss sind Esszimmer, das Büro des Pastors und andere Diakoniedienste untergebracht, an der Innenseite über dem Eingang wurden Emporen angebaut.

Standortinformationen

Evangelisch-Lutherische Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit oder Kirche des Ingermanlandes
Moskau, Nalitschnaja-Straße, 1, Gebäude 1 (rechts vom Eingang durch das Südtor des Wwedenskoje-Friedhofes)
 

In Kooperation mit dem AOV „Internationaler Verband der deutschen Kultur“

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