Russland:Peter Unterberger: Unterschied zwischen den Versionen

Aus goethe.de
Wechseln zu: Navigation, Suche
(Die Seite wurde neu angelegt: „Knabengymnasium (Polytechnische Hochschule Fernost-Universität, Puschkinskaia Str. 10) Peter Unterberger schri…“)
 
 
(4 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
 
[[Datei: RUSSLAND_148_1.jpg|750px|thumb|left|Knabengymnasium (Polytechnische Hochschule Fernost-Universität, Puschkinskaia Str. 10)]]
 
[[Datei: RUSSLAND_148_1.jpg|750px|thumb|left|Knabengymnasium (Polytechnische Hochschule Fernost-Universität, Puschkinskaia Str. 10)]]
 +
Peter Unterberger schrieb in seinen Memoiren, dass „Wladiwostok ein Paradies für Kinder, insbesondere für Knaben“ war. Er kam am 19. März 1881 in Irkutsk in der Familie von Oberst Pavel Unterberger, dem Leitenden Ingenieur des Ostsibirischen Wehrkreises, und dessen Gattin Emma (geb. Erdmann) zur Welt und wurde evangelisch getauft.
  
Peter Unterberger schrieb in seinen Memoiren, dass „Wladiwostok ein Paradies für Kinder, insbesondere für Knaben“ war. Er kam am 19. März 1881 in Irkutsk in der Familie von Oberst Pavel Unterberger, dem Leitenden Ingenieur des Ostsibirischen Wehrkreises, und dessen Gattin Emma (geb. Erdmann) zur Welt und wurde evangelisch getauft. Im Jahr 1890 zog die Familie nach Wladiwostok, wo der Vater im Dienst war. Pavel Unterberger wurde zum Militärgouverneur des Gebiets Primorje ernannt. Für die Familie des Militärgouverneurs wurde eine Residenz in der Svetlanskaia Str. 52 gebaut. In diesem Haus verbrachte Peter „absolut glückliche Jahre“.  
+
Im Jahr 1890 zog die Familie nach Wladiwostok, wo der Vater im Dienst war. Pavel Unterberger wurde zum Militärgouverneur des Gebiets Primorje ernannt. Für die Familie des Militärgouverneurs wurde eine Residenz in der Svetlanskaia Str. 52 gebaut. In diesem Haus verbrachte Peter „absolut glückliche Jahre“.  
  
 
Er war mit neun Jahren nach Wladiwostok gezogen und besuchte dort das Knaben-Progymnasium, das später in ein Gymnasium umgewandelt wurde. Der Unterricht fiel ihm leicht und er schloss von einer Stufe zur anderen als Bestschüler ab, wofür er mit Büchern belohnt wurde.  
 
Er war mit neun Jahren nach Wladiwostok gezogen und besuchte dort das Knaben-Progymnasium, das später in ein Gymnasium umgewandelt wurde. Der Unterricht fiel ihm leicht und er schloss von einer Stufe zur anderen als Bestschüler ab, wofür er mit Büchern belohnt wurde.  
Zeile 10: Zeile 11:
  
 
[[Datei: RUSSLAND_148_2.jpg|750px|thumb|left|Familienhaus von Peter Unterberger von der Svetlanskaia Gasse aus (Svetlanskaia Str. 52) © Liudmila Kornilova]]
 
[[Datei: RUSSLAND_148_2.jpg|750px|thumb|left|Familienhaus von Peter Unterberger von der Svetlanskaia Gasse aus (Svetlanskaia Str. 52) © Liudmila Kornilova]]
Man war sich der Bedeutung der Wargin-Bergkuppe bewusst, als der Ingenieur noch ein Kind war. Damals schon sollten auf ihrem Gipfel Festungsanlagen errichtet werden. Diese Höhe hebt sich von der Bergkuppen-Kette ab, die sich quer über die Halbinsel erstreckt, auf der die Stadt liegt: von der Amur- bis zur Ussuri-Bucht. Außerdem war es die höchste von allen Bergkuppen. Von dort aus sind die Halbinsel, das Meer und die Stadt zu sehen.
+
Man war sich der Bedeutung der Wargin-Bergkuppe bewusst, als der Ingenieur noch ein Kind war. Damals schon sollten auf ihrem Gipfel Festungsanlagen errichtet werden. Diese Höhe hebt sich von der Bergkuppen-Kette ab, die sich quer über die Halbinsel erstreckt, auf der die Stadt liegt: von der Amur- bis zur Ussuri-Bucht. Außerdem war es die höchste von allen Bergkuppen mit ihren 458 m über dem Meeresspiegel. Von dort aus sind die Halbinsel, das Meer und die Stadt zu sehen.
  
 
Im Juli 1910 präsentierte Peter Unterberger in der Sitzung des Provisorischen Verfügungsausschusses zur Verstärkung der Festung Wladiwostok den Plan für das künftige „Fort Nr. 2“. So wurde Peter Unterberger zum Planungs- und Bauingenieur der mächtigsten und größten Festung von Wladiwostok.
 
Im Juli 1910 präsentierte Peter Unterberger in der Sitzung des Provisorischen Verfügungsausschusses zur Verstärkung der Festung Wladiwostok den Plan für das künftige „Fort Nr. 2“. So wurde Peter Unterberger zum Planungs- und Bauingenieur der mächtigsten und größten Festung von Wladiwostok.
  
Da die Berghöhe Nr. 217 aus der Hauptverteidigungslinie hervorragt, musste sie gegen eine feindliche Einkesselung besonders geschützt werden. Peter Unterberger schaffte ein sehr kompliziertes und intelligentes Bauwerk, das dies berücksichtigte. Es stellt ein in mehrere Teile gegliedertes Fort dar, dessen Elemente auf einer großen Fläche verstreut sind, jedoch für den Fall eines Beschusses miteinander verbunden sind und alle Zugänge zu der Höhe abdecken. Ein Tunnel verbindet den Bau mit dem tiefen Hinterland; die Gesamtlänge der unterirdischen Verbindungen beträgt über 3,5 Kilometer. Zudem wurde das Fort sehr pragmatisch gebaut, wodurch mehr Gelder in zusätzliche Befestigungen investiert werden konnten. Die außergewöhnlichen Ingenieurkonzepte, die beim Bau des Forts Nr. 2 zum Einsatz kamen, sind Klassiker des Festungsbaus geworden und haben Einzug in Lehrbücher für angehende Ingenieure gefunden.  
+
Da die Berghöhe Nr. 217 aus der Hauptverteidigungslinie hervorragt, musste sie gegen eine feindliche Einkesselung besonders geschützt werden. Peter Unterberger schaffte ein sehr kompliziertes und intelligentes Bauwerk, das dies berücksichtigte. Es stellt ein in mehrere Teile gegliedertes Fort dar, dessen Elemente auf einer großen Fläche verstreut sind, jedoch für den Fall eines Beschusses miteinander verbunden sind und alle Zugänge zu der Höhe abdecken. Ein Tunnel verbindet den Bau mit dem tiefen Hinterland; die Gesamtlänge der unterirdischen Verbindungen beträgt über 3,5 Kilometer.  
 +
 
 +
Zudem wurde das Fort sehr pragmatisch gebaut, wodurch mehr Gelder in zusätzliche Befestigungen investiert werden konnten. Die außergewöhnlichen Ingenieurkonzepte, die beim Bau des Forts Nr. 2 zum Einsatz kamen, sind Klassiker des Festungsbaus geworden und haben Einzug in Lehrbücher für angehende Ingenieure gefunden.  
  
 
Peter Unterberger setzte die Arbeiten bis Ende 1914 fort, als er an die Front zog. Nach Ende des Ersten Weltkrieges kehrte er mit seiner Familie nach Wladiwostok zurück. Hier diente er bis 1922 in der Festung in verschiedenen Ämtern. Als sich eine neue Macht auf den Fernen Osten ausbreitete, ging er ins Ausland.
 
Peter Unterberger setzte die Arbeiten bis Ende 1914 fort, als er an die Front zog. Nach Ende des Ersten Weltkrieges kehrte er mit seiner Familie nach Wladiwostok zurück. Hier diente er bis 1922 in der Festung in verschiedenen Ämtern. Als sich eine neue Macht auf den Fernen Osten ausbreitete, ging er ins Ausland.
  
 
Anschließend erlebte Peter Unterberger dasselbe, was vielen Menschen nach Ende des Bürgerkriegs widerfuhr: Umzüge und Suche nach neuem Lebensraum. Nach mehreren Umzügen, Schicksalsschlägen und Familiendramen ließen sich Unterberger und seine Frau in Deutschland nieder, bis er im Jahr 1960 verstarb. Er hinterließ Memoiren und ein großes Archiv mit Familienfotos. Den Lebensabschnitt, der mit Wladiwostok verbunden war, bezeichnete Peter Unterberger als den glücklichsten – sowohl für ihn als auch für seine Familie.
 
Anschließend erlebte Peter Unterberger dasselbe, was vielen Menschen nach Ende des Bürgerkriegs widerfuhr: Umzüge und Suche nach neuem Lebensraum. Nach mehreren Umzügen, Schicksalsschlägen und Familiendramen ließen sich Unterberger und seine Frau in Deutschland nieder, bis er im Jahr 1960 verstarb. Er hinterließ Memoiren und ein großes Archiv mit Familienfotos. Den Lebensabschnitt, der mit Wladiwostok verbunden war, bezeichnete Peter Unterberger als den glücklichsten – sowohl für ihn als auch für seine Familie.
Унтербергер П.П. МЕЖДУ ДВУХ СТУЛЬЕВ. Наблюдения, мысли и воспоминания Петра Унтербергера. Ч. I. «Детство, отрочество, юность» / Пер. с немецкого Л.Е. Корнилова; Ред.-сост., комментарий Р.С. Авилов, В.И. Калинин; вступ. ст. В.И. Калинин, Р.С. Авилов, Н.Б. Аюшин. – Владивосток: Общество изучения Амурского края – Приморское краевое отделение Русского географического общества. Изд-во «ЛИТ», 2021. 400 с. : ил./
 
  
P. P. Unterberger: ZWISCHEN ZWEI STÜHLEN. Beobachtungen, Gedanken und Erinnerungen von Peter Unterberger. T.1 „Kindheit, Knabenjahre, Jugend“/Aus dem Deutschen übersetzt von L. E. Kornilova; Hrsg. und Kommentar von R. S. Avilov, V. I. Kalinin; Einleitung von V. I. Kalinin, R. S. Avilov und N. B. Ayushin. – Wladiwostok: Gesellschaft für Heimatkunde der Äußeren Mandschurei – Regionalabteilung der Russischen Geographiegesellschaft in Primorje. Verlag LIT, 2021. 400 S., ill.{{#newBox:listbox}}
+
P. P. Unterberger: ZWISCHEN ZWEI STÜHLEN. Beobachtungen, Gedanken und Erinnerungen von Peter Unterberger. T.1 „Kindheit, Knabenjahre, Jugend“/Aus dem Deutschen übersetzt von L. E. Kornilova; Hrsg. und Kommentar von R. S. Avilov, V. I. Kalinin; Einleitung von V. I. Kalinin, R. S. Avilov und N. B. Ayushin. – Wladiwostok: Gesellschaft für Heimatkunde der Äußeren Mandschurei – Regionalabteilung der Russischen Geographiegesellschaft in Primorje. Verlag LIT, 2021. 400 S.{{#newBox:listbox}}
 +
== Text ==
 +
Liudmila Kornilova
 
== Standortinformationen ==
 
== Standortinformationen ==
 
'''Peter Unterberger'''<br>
 
'''Peter Unterberger'''<br>
 
Wladiwostok, Puschkinskaia Str. 10; Svetlanskaia Str. 52
 
Wladiwostok, Puschkinskaia Str. 10; Svetlanskaia Str. 52

Aktuelle Version vom 4. April 2022, 14:45 Uhr

Knabengymnasium (Polytechnische Hochschule Fernost-Universität, Puschkinskaia Str. 10)

Peter Unterberger schrieb in seinen Memoiren, dass „Wladiwostok ein Paradies für Kinder, insbesondere für Knaben“ war. Er kam am 19. März 1881 in Irkutsk in der Familie von Oberst Pavel Unterberger, dem Leitenden Ingenieur des Ostsibirischen Wehrkreises, und dessen Gattin Emma (geb. Erdmann) zur Welt und wurde evangelisch getauft.

Im Jahr 1890 zog die Familie nach Wladiwostok, wo der Vater im Dienst war. Pavel Unterberger wurde zum Militärgouverneur des Gebiets Primorje ernannt. Für die Familie des Militärgouverneurs wurde eine Residenz in der Svetlanskaia Str. 52 gebaut. In diesem Haus verbrachte Peter „absolut glückliche Jahre“.

Er war mit neun Jahren nach Wladiwostok gezogen und besuchte dort das Knaben-Progymnasium, das später in ein Gymnasium umgewandelt wurde. Der Unterricht fiel ihm leicht und er schloss von einer Stufe zur anderen als Bestschüler ab, wofür er mit Büchern belohnt wurde.

Das Knabengymnasium von Wladiwostok ist ein alter Backsteinbau, der nach einem Entwurf des Architekten A. A. Gwosdiowski errichtet wurde. Seine Fassade ist der Puschkinskaia Straße zugewandt. Von der Svetlanskaia Straße aus, wo der Hof liegt, wurden drei weitere zwei- bis vierstöckige Blöcke parallel angebaut. Adolph Dattan, Miteigentümer der Handelsgesellschaft Kunst & Albers, schenkte der Stadt ein Grundstück für den Bau des Gymnasiums und finanzierte die Bauarbeiten auf eigene Kosten.

Im Jahr 1895 verließ Peter Unterberg Wladiwostok und konnte seine Lieblingsstadt erst 13 Jahre später wiedersehen. Seine militärische Ausbildung schloss er ebenso wie sein Vater an der Nikolaus-Ingenieurakademie ab. Im März 1909 trat er seinen Dienst bei der Telegraphenkompanie der Festung von Wladiwostok an. Anschließend wurde Peter Unterberger in der zweiten Hälfte dieses Jahres beim dringlichen Bau temporärer Küstenbatterien eingesetzt. Im Februar 1910 wurde er zur Bauverwaltung der Festung von Wladiwostok abkommandiert, wo er sich an der Planung neuer Festungsanlagen rund um Wladiwostok beteiligte.

Familienhaus von Peter Unterberger von der Svetlanskaia Gasse aus (Svetlanskaia Str. 52) © Liudmila Kornilova

Man war sich der Bedeutung der Wargin-Bergkuppe bewusst, als der Ingenieur noch ein Kind war. Damals schon sollten auf ihrem Gipfel Festungsanlagen errichtet werden. Diese Höhe hebt sich von der Bergkuppen-Kette ab, die sich quer über die Halbinsel erstreckt, auf der die Stadt liegt: von der Amur- bis zur Ussuri-Bucht. Außerdem war es die höchste von allen Bergkuppen mit ihren 458 m über dem Meeresspiegel. Von dort aus sind die Halbinsel, das Meer und die Stadt zu sehen.

Im Juli 1910 präsentierte Peter Unterberger in der Sitzung des Provisorischen Verfügungsausschusses zur Verstärkung der Festung Wladiwostok den Plan für das künftige „Fort Nr. 2“. So wurde Peter Unterberger zum Planungs- und Bauingenieur der mächtigsten und größten Festung von Wladiwostok.

Da die Berghöhe Nr. 217 aus der Hauptverteidigungslinie hervorragt, musste sie gegen eine feindliche Einkesselung besonders geschützt werden. Peter Unterberger schaffte ein sehr kompliziertes und intelligentes Bauwerk, das dies berücksichtigte. Es stellt ein in mehrere Teile gegliedertes Fort dar, dessen Elemente auf einer großen Fläche verstreut sind, jedoch für den Fall eines Beschusses miteinander verbunden sind und alle Zugänge zu der Höhe abdecken. Ein Tunnel verbindet den Bau mit dem tiefen Hinterland; die Gesamtlänge der unterirdischen Verbindungen beträgt über 3,5 Kilometer.

Zudem wurde das Fort sehr pragmatisch gebaut, wodurch mehr Gelder in zusätzliche Befestigungen investiert werden konnten. Die außergewöhnlichen Ingenieurkonzepte, die beim Bau des Forts Nr. 2 zum Einsatz kamen, sind Klassiker des Festungsbaus geworden und haben Einzug in Lehrbücher für angehende Ingenieure gefunden.

Peter Unterberger setzte die Arbeiten bis Ende 1914 fort, als er an die Front zog. Nach Ende des Ersten Weltkrieges kehrte er mit seiner Familie nach Wladiwostok zurück. Hier diente er bis 1922 in der Festung in verschiedenen Ämtern. Als sich eine neue Macht auf den Fernen Osten ausbreitete, ging er ins Ausland.

Anschließend erlebte Peter Unterberger dasselbe, was vielen Menschen nach Ende des Bürgerkriegs widerfuhr: Umzüge und Suche nach neuem Lebensraum. Nach mehreren Umzügen, Schicksalsschlägen und Familiendramen ließen sich Unterberger und seine Frau in Deutschland nieder, bis er im Jahr 1960 verstarb. Er hinterließ Memoiren und ein großes Archiv mit Familienfotos. Den Lebensabschnitt, der mit Wladiwostok verbunden war, bezeichnete Peter Unterberger als den glücklichsten – sowohl für ihn als auch für seine Familie.

P. P. Unterberger: ZWISCHEN ZWEI STÜHLEN. Beobachtungen, Gedanken und Erinnerungen von Peter Unterberger. T.1 „Kindheit, Knabenjahre, Jugend“/Aus dem Deutschen übersetzt von L. E. Kornilova; Hrsg. und Kommentar von R. S. Avilov, V. I. Kalinin; Einleitung von V. I. Kalinin, R. S. Avilov und N. B. Ayushin. – Wladiwostok: Gesellschaft für Heimatkunde der Äußeren Mandschurei – Regionalabteilung der Russischen Geographiegesellschaft in Primorje. Verlag LIT, 2021. 400 S.

Text

Liudmila Kornilova

Standortinformationen

Peter Unterberger
Wladiwostok, Puschkinskaia Str. 10; Svetlanskaia Str. 52