Griechenland:Lager Chaidari: Unterschied zwischen den Versionen

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Das größte deutsche Konzentrationslager und Zeugnis des besetzten Griechenlands lag im Athener Stadtteil Chaidari.
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Das größte deutsche Konzentrationslager und Zeugnis für das Martyrium des besetzten Griechenlands lag im Athener Stadtteil Chaidari.
  
Von der Vorkriegszeit bis heute ist das Militärlager Chaidari im gleichlautenden westlichen Stadtteil von Athen ein Ausbildungsgelände der griechischen Armee.
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Von der Vorkriegszeit bis heute dient das Militärlager Chaidari im gleichlautenden westlichen Stadtteil von Athen als Ausbildungsgelände der griechischen Armee.
  
Unter der Besatzungszeit fiel es in die Hände der deutschen Okkupanten und am 3. September 1943 brachten zum ersten Mal die Italiener Häftlinge aus dem Lager von Larissa hierher. Eine Woche später übernahm seine Leitung der SS-Sicherheitsdienst (SD).
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Unter der Besatzungszeit fiel es in die Hände der deutschen Okkupanten, am 3. September 1943 brachten zum ersten Mal italienische Truppen Häftlinge aus dem Lager von Larissa nach Chaidari. Eine Woche später übernahm der SS-Sicherheitsdienst (SD) die Leitung.
  
Anfänglich war es ein Ausweichlager des Averoff-Gefängnisses in der Leoforos Alexandras. Die Deutschen verwendeten alle 20 Gebäude auf dem Gelände für die Einrichtung von Haftzellen, Sammellagern, Büros, Lagerräume, Arrest- und Isolationszellen und einem medizinischen Dienst. In der Folge wurde es zu einem Durchgangslager für Häftlinge aus anderen Gefängnissen, vor allem aus der Merlinstraße, die dann nach Europa oder in Hinrichtungsstätten deportiert wurden. Es war das einzige Beispiel eines Gefangenenlagers für alle Feinde des Dritten Reichs und eines „Geisellagers“, das für Vergeltungsoperationen der Wehrmacht und SS verwendet wurde.
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Anfänglich diente es als Erweiterung des Averoff-Gefängnisses in der Leoforos Alexandras. Die Deutschen verwendeten alle 20 Gebäude auf dem Gelände für die Einrichtung von Haftzellen, Sammellagern, Büros, Lagerräumen, Arrest- und Isolationszellen und eines medizinischen Dienstes. In der Folge wurde es zu einem Durchgangslager für Häftlinge aus anderen Gefängnissen, vor allem aus der Merlinstraße, die dann in andere Hinrichtungsstätten deportiert wurden. Es war das einzige Gefangenenlager für alle Feinde des Dritten Reichs und diente als „Geisellager“ das für Vergeltungsoperationen der Wehrmacht und der SS.
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Die Zustände in dem Lager waren unmenschlich und entsprachen denen anderen NS-Schreckensorte. Lagerleiter war Sturmbannführer des SD Paul Otto Radomski der als Sadist bekannt war und mit eigenen Händen Gefangene tötete. Am 27. Februar 1944 übernahm Sturmbannführer Karl Fischer die Leitung.
  
Die Zustände in dem Lager waren unmenschlich und die geltenden Regeln entsprachen denen aller anderen NS-Schreckensorte. Sturmbannführer der SD, Paul Otto Radomski, war der Lagerleiter und bekannt als Sadist, der mit eigenen Händen Gefangene tötete. Am 27. Februar 1944 übernahm Sturmbannführer Karl Fischer die Leitung.
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Insgesamt wurden hier 20000-25000 Menschen festgehalten: Gefangene der griechischen Armee, Widerstandskämpfer, alle Mitglieder der Kommunistischen Partei Griechenlands, die seit der Diktatur von Ioannis Metaxas (1936-1941) inhaftiert worden waren, bei „Säuberungsaktionen“ im ganzen Land oder bei Razzien in der Hauptstadt Festgenommene, politische Persönlichkeiten wie Themistoklis Sofoulis, Vorsitzender der Liberalen Partei und späterer Ministerpräsident, aber auch 4468 griechische Juden aus Athen, Korfu, Rhodos und Kos bis zu ihrem Abtransport in das Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau.
  
Insgesamt wurden hier 20 000 - 25 000 Menschen festgehalten: Gefangene der griechischen Armee, Widerstandskämpfer, alle Mitglieder der Kommunistischen Partei Griechenlands, die seit der Diktatur von Ioannis Metaxas (1936-1941) inhaftiert waren, bei Säuberungsaktionen im ganzen Land oder bei Razzien in der Hauptstadt Festgenommene, politische Perönlichkeiten wie Themistoklis Sofoulis, der Vorsitzende der Liberalen Partei und späterer Ministerpräsident, aber auch 4468 griechische Juden aus Athen, Korfu, Rhodos und Kos, die auf ihren Abtransport in das Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau warteten.
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Aus dem Lager Chaidari wurden außerdem Hunderte von Häftlingen in verschiedene Hinrichtungsstätten abtransportiert, wie z.B. den Schießplatz von Kesariani, wo am 1. Mai 1944 200 Mitglieder der Kommunistischen Partei als Vergeltungsmaßnahme gegen die Widerstandskämpfer exekutiert wurden. Am 8. September 1944 wurden in der Nähe des Klosters von Dafni 59 Mitglieder der Spionagenetzwerke und -organisationen hingerichtet. An dieser Stelle sich heute der Botanische Garten Ioulias und Alexander Diomidis.
  
Aus dem Lager Chaidari kamen auch Hunderte von Häftlingen in die verschiedenen Hinrichtungsstätten. Höhepunkt war die Exekution von 200 Mitgliedern der Kommunistischen Partei am Schießstand von Kesariani, die als Vergeltungsmaßnahme gegen die Widerstandskämpfer am 1. Mai 1944 vorgenommen wurde. Dazu kamen 59 Hinrichtungen von Mitgliedern der Spionagenetzwerke und -organisationen am 8. September 1944 in der Nähe des Klosters von Dafni, wo sich heute der Botanischen Garten Ioulias und Alexander Diomidis befindet.
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Das Lager war auch über die Grenzen Griechenlands hinaus aufgrund seiner Gräuel bekannt. Die New York Times berichtete über Chaidari als eines der barbarischsten NS-Lager in Europa. Es wurde am 27. September 1944 aufgelöst.  
  
Der schlechte Ruf des Lagers ging über die Grenzen Griechenlands hinaus. Die New York Times berichtete über eines der barbarischsten NS-Lager in Europa.
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Seit Ende der 40er Jahre gehört das Lager der griechischen Armee. Abgesehen vom Block 15 wurde keines seiner Gebäude zu einer historischen Gedenkstätte erklärt. Die Isolationshaftstation im Block 15 wurde1984 zum Mahnmal des Nationalen Widerstandes ernannt. Auf der Gedenktafel am Eingang steht geschrieben: „Block 15, 1943-1944. Ort der Opfer und des Leidens der Kämpfer des griechischen Widerstandes. Ursprung des Freiheitskampfes unseres Volkes“.
 
 
Am 27. September 1944 wurde es aufgelöst. Ab Ende der 40er Jahre bis heute gehört das Lager der griechischen Armee. Keines seiner Gebäude wurde  zu einer historischen Gedenkstätte erklärt mit Ausnahme des Blocks 15 – die Isolationshaftstation -, der 1984 zum Mahnmal des Nationalen Widerstandes ernannt wurde. Auf der Gedenktafel am Eingang steht geschrieben: „Block 15, 1943 1944. Ort der Opfer und des Leidens der Kämpfer des griechischen Widerstandes. Ausgangspunkt im Kampf für die Befreiung unseres Volkes“.
 
 
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==Bibliographie==
 
==Bibliographie==

Version vom 2. November 2016, 21:16 Uhr

Das größte deutsche Konzentrationslager und Zeugnis für das Martyrium des besetzten Griechenlands lag im Athener Stadtteil Chaidari.

Von der Vorkriegszeit bis heute dient das Militärlager Chaidari im gleichlautenden westlichen Stadtteil von Athen als Ausbildungsgelände der griechischen Armee.

Unter der Besatzungszeit fiel es in die Hände der deutschen Okkupanten, am 3. September 1943 brachten zum ersten Mal italienische Truppen Häftlinge aus dem Lager von Larissa nach Chaidari. Eine Woche später übernahm der SS-Sicherheitsdienst (SD) die Leitung.

Anfänglich diente es als Erweiterung des Averoff-Gefängnisses in der Leoforos Alexandras. Die Deutschen verwendeten alle 20 Gebäude auf dem Gelände für die Einrichtung von Haftzellen, Sammellagern, Büros, Lagerräumen, Arrest- und Isolationszellen und eines medizinischen Dienstes. In der Folge wurde es zu einem Durchgangslager für Häftlinge aus anderen Gefängnissen, vor allem aus der Merlinstraße, die dann in andere Hinrichtungsstätten deportiert wurden. Es war das einzige Gefangenenlager für alle Feinde des Dritten Reichs und diente als „Geisellager“ das für Vergeltungsoperationen der Wehrmacht und der SS. Die Zustände in dem Lager waren unmenschlich und entsprachen denen anderen NS-Schreckensorte. Lagerleiter war Sturmbannführer des SD Paul Otto Radomski der als Sadist bekannt war und mit eigenen Händen Gefangene tötete. Am 27. Februar 1944 übernahm Sturmbannführer Karl Fischer die Leitung.

Insgesamt wurden hier 20000-25000 Menschen festgehalten: Gefangene der griechischen Armee, Widerstandskämpfer, alle Mitglieder der Kommunistischen Partei Griechenlands, die seit der Diktatur von Ioannis Metaxas (1936-1941) inhaftiert worden waren, bei „Säuberungsaktionen“ im ganzen Land oder bei Razzien in der Hauptstadt Festgenommene, politische Persönlichkeiten wie Themistoklis Sofoulis, Vorsitzender der Liberalen Partei und späterer Ministerpräsident, aber auch 4468 griechische Juden aus Athen, Korfu, Rhodos und Kos bis zu ihrem Abtransport in das Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau.

Aus dem Lager Chaidari wurden außerdem Hunderte von Häftlingen in verschiedene Hinrichtungsstätten abtransportiert, wie z.B. den Schießplatz von Kesariani, wo am 1. Mai 1944 200 Mitglieder der Kommunistischen Partei als Vergeltungsmaßnahme gegen die Widerstandskämpfer exekutiert wurden. Am 8. September 1944 wurden in der Nähe des Klosters von Dafni 59 Mitglieder der Spionagenetzwerke und -organisationen hingerichtet. An dieser Stelle sich heute der Botanische Garten Ioulias und Alexander Diomidis.

Das Lager war auch über die Grenzen Griechenlands hinaus aufgrund seiner Gräuel bekannt. Die New York Times berichtete über Chaidari als eines der barbarischsten NS-Lager in Europa. Es wurde am 27. September 1944 aufgelöst.

Seit Ende der 40er Jahre gehört das Lager der griechischen Armee. Abgesehen vom Block 15 wurde keines seiner Gebäude zu einer historischen Gedenkstätte erklärt. Die Isolationshaftstation im Block 15 wurde1984 zum Mahnmal des Nationalen Widerstandes ernannt. Auf der Gedenktafel am Eingang steht geschrieben: „Block 15, 1943-1944. Ort der Opfer und des Leidens der Kämpfer des griechischen Widerstandes. Ursprung des Freiheitskampfes unseres Volkes“.

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Bibliographie

Anna Maria Droubouki, Mnimeia tis Lithis. Ixni tou B' Pankosmiou Polemou stin Ellada kai stin Evropi, Verlag Polis, Athen 2014.

Antonis Flountzis, Stratopedo Chaidariou. Kastro kai vomos tis Ethnikis Antistasis.Verlag Papazisis, Athen, 1986.

Costas Hatsipateras, Maria Fafaliou – Dragona, Martyries 1941 – 1944 (Zeugnisse ). H Athina tis Katochis (Das besetzte Athen), Verlag Kedros, Athen 2003.

Gedenkorte Europa 1939-1945 - KZ Chaidari: http://www.gedenkorte-europa.eu/de_de/kz-chaidari.html

Standort

Στρατόπεδο «Καραϊσκάκη Α»
12461 Chaidari