Griechenland:Die Stadtkommandantur Athen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus goethe.de
Wechseln zu: Navigation, Suche
 
(2 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Das auffallendste und bekannteste Beispiel der deutschen Präsenz im Zentrum von Athen war die Stadtkommandantur, die jedem als „ Kommandantura“ in Erinnerung ist.
+
Das auffallendste und bekannteste Beispiel der deutschen Militärpräsenz im Zentrum von Athen war die Stadtkommandantur, die als „Kommandantura“ in Erinnerung geblieben ist.
  
Wenige Tage nach dem Einmarsch der Wehrmachtstruppen in Athen am 27. April 1941 wurde von diesen das prachtvolle Gebäude der Nationalen Versicherungsanstalt „Ethniki Asfalistiki“ in der Koraisstraße 4 für den Sitz der Feldgendarmerie 921 beschlagnahmt.
+
[[Datei:GRIECHENLAND_20thC_1.jpg|500px|thumb|left|Die Stadtkommandantur Athen. Photo: © Iason Chandrinos]]
  
Wie in allen besetzten Gebieten übernahm die Wehrmacht auch die Aufgabe der örtlichen Polizei und regelte das tägliche Leben wie z.B. die Festlegung der Ausgangsverbote.
+
Wenige Tage nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Athen am 27. April 1941 wurde das Gebäude der Nationalen Versicherungsanstalt „Ethniki Asfalistiki“ in der Koraisstraße 4 beschlagnahmt.
  
Ihre Präsenz wurde für die Bewohner der Stadt sofort spürbar.Deutsche Militärfahrzeuge standen vor der Kommandantur, Unteroffiziere und einfache Soldaten patrouillierten durch die Straßen Athens. Insbesondere im  Stadtzentrum machten tagtäglich 30 – 40 Soldaten Kontrollgänge und griffen bei verdächtigen Zwischenfällen ein.
+
Wie in allen besetzten Gebieten übernahm die Wehrmacht auch die Aufgabe der örtlichen Polizei und regelte den Alltag wie z.B. Ausgangssperren.
  
In der Zentrale der Feldgendarmerie waren auch Griechen beschäftigt, bezahlte Kollaborateure, die Informationen über die Tätigkeiten der Mitglieder der Widerstandsorganisationen einholten.
+
Ihre Präsenz wurde für die Bewohner der Stadt sofort spürbar, nicht nur durch die deutschen Militärfahrzeuge, die vor der Kommandantur stationiert waren, sondern auch durch tägliche Patrouillen bewaffneter Soldaten durch die Straßen Athens. Insbesondere im Stadtzentrum prägten die 30-40 Patrouillen bewaffneter Soldaten das alltägliche Stadtbild. Sie griffen bei  jedwedem „verdächtigem“ Vorfall ein.
  
In den oberen Etagen der „Kommandantura“ befanden sich die einzelnen Dienststellen und Verhörbüros, während in den Kellergeschossen die Haftzellen untergebracht waren, in denen Tausende von Athenern für unterschiedliche Vergehen von Straßenunfällen bis zu Verwaltungsverstößen festgehalten wurden.
+
In der Zentrale der Feldgendarmerie waren auch bezahlte griechische Kollaborateure beschäftigt, die Informationen über die Mitglieder der unterschiedlichen Widerstandsorganisationen lieferten.
  
Hierher wurden auch Personen gebracht, die bei Widerstandskundgebungen – in Fabriken, Universitäten und Stadtviertel – und bei „Besatzerblockaden“ festgenommen wurden. Je nach Ausmaß des Vergehens und nach einigen Tagen Haft und Verhören wurden die Inhaftierten in der Regel in die für die Widerstandsbekämpfung zuständigen Dienststellen der Zentrale der Waffen-SS in der Merlinstraße überführt.
+
[[Datei:GRIECHENLAND_20thC_1a.jpg|500px|thumb|left|Koraisstraße 4 - Χώρος Ιστορικής Μνήμης 1941 - 1944. Photo: © Cultruplay]]
  
Nach der Befreiung beherbergte das Gebäude den Sitz der Nationalen Befreiungsfront, EAM, der grössten Widerstandsorganisation des besetzten Griechenlands.
+
In der „Kommandantura“ befanden sich die einzelnen Dienststellen und Verhörbüros, in den Kellergeschossen waren die Haftzellen untergebracht. Dort wurden Tausende von Athenern aus unterschiedlichsten Gründen –  von Verkehrsdelikte bis zu ernsteren Vergehen – festgehalten.
  
Seit dem Jahre 2008 sind die Haftzellen in den Kellergeschossen des Gebäudes, dessen Eigentümer bis heute die Versicherungsanstalt „Ethniki Asfalistiki“ ist, für die Öffentlichkeit und Schulen zur Besichtigung freigegeben worden. An den Zellwänden sind Eingraviertes und Zeichnungen Zeugnisse mit der Handschrift der Inhaftierten.
+
Hierhin wurden auch die Menschen gebracht, die bei Widerstandsaktionen – in Fabriken und Universitäten– und bei Razzien festgenommen wurden. Die Inhaftierten in der Regel nach tagelangem Verhör und Haft in die für die Widerstandsbekämpfung zuständigen Dienststellen der Zentrale der Waffen-SS in der Merlinstraße überführt.
 +
 
 +
Nach der Befreiung beherbergte das Gebäude den Sitz der Nationalen Befreiungsfront, EAM, der größten Widerstandsorganisation des besetzten Griechenlands.
 +
 
 +
[[Datei:GRIECHENLAND_20thC_1b.jpg|500px|thumb|left|Koraisstraße 4 - Χώρος Ιστορικής Μνήμης 1941 - 1944. Photo: © Cultruplay]]
 +
 
 +
Seit dem Jahre 2008 sind die Haftzellen in den Kellergeschossen des Gebäudes, dessen Eigentümer bis heute die Versicherungsanstalt „Ethniki Asfalistiki“ ist, für die Öffentlichkeit und Schulen zur Besichtigung geöffnet worden. Bis heute sind an den Wänden der Zellen die von Inhaftierten eingeritzten Namen, Bilder, Skizzen und Schriftzüge sichtbar.
 
[[Datei:Poi sammlung 01 de IGNORECLICK .jpg|750px|thumb|left|]]{{#newBox:listbox}}
 
[[Datei:Poi sammlung 01 de IGNORECLICK .jpg|750px|thumb|left|]]{{#newBox:listbox}}
 
==Bibliographie==
 
==Bibliographie==
Anna Maria Droumbouki, „Korai 4. Das Gefängnis im Herzen der Stadt“, „Sti sofronistiki apoikia tou Kafka“, Verlag Nefeli,Athen 2009, S. 59 – 70 (online: [http://www.goethe.de/mmo/priv/4167306-STANDARD.pdf http://www.goethe.de/mmo/priv/4167306-STANDARD.pdf])
+
Anna Maria Droumbouki, „Korai 4. Das Gefängnis im Herzen der Stadt“, „Sti sofronistiki apoikia tou Kafka“, Verlag Nefeli, Athen 2009, S. 59 – 70 (online: http://www.goethe.de/mmo/priv/4167306-STANDARD.pdf)
 +
==Link==
 +
http://korai4.gr/
 
==Standort==
 
==Standort==
 
Koraisstraße 4<br/>
 
Koraisstraße 4<br/>
 
Athen
 
Athen

Aktuelle Version vom 6. November 2016, 22:19 Uhr

Das auffallendste und bekannteste Beispiel der deutschen Militärpräsenz im Zentrum von Athen war die Stadtkommandantur, die als „Kommandantura“ in Erinnerung geblieben ist.

Die Stadtkommandantur Athen. Photo: © Iason Chandrinos

Wenige Tage nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Athen am 27. April 1941 wurde das Gebäude der Nationalen Versicherungsanstalt „Ethniki Asfalistiki“ in der Koraisstraße 4 beschlagnahmt.

Wie in allen besetzten Gebieten übernahm die Wehrmacht auch die Aufgabe der örtlichen Polizei und regelte den Alltag wie z.B. Ausgangssperren.

Ihre Präsenz wurde für die Bewohner der Stadt sofort spürbar, nicht nur durch die deutschen Militärfahrzeuge, die vor der Kommandantur stationiert waren, sondern auch durch tägliche Patrouillen bewaffneter Soldaten durch die Straßen Athens. Insbesondere im Stadtzentrum prägten die 30-40 Patrouillen bewaffneter Soldaten das alltägliche Stadtbild. Sie griffen bei jedwedem „verdächtigem“ Vorfall ein.

In der Zentrale der Feldgendarmerie waren auch bezahlte griechische Kollaborateure beschäftigt, die Informationen über die Mitglieder der unterschiedlichen Widerstandsorganisationen lieferten.

Koraisstraße 4 - Χώρος Ιστορικής Μνήμης 1941 - 1944. Photo: © Cultruplay

In der „Kommandantura“ befanden sich die einzelnen Dienststellen und Verhörbüros, in den Kellergeschossen waren die Haftzellen untergebracht. Dort wurden Tausende von Athenern aus unterschiedlichsten Gründen – von Verkehrsdelikte bis zu ernsteren Vergehen – festgehalten.

Hierhin wurden auch die Menschen gebracht, die bei Widerstandsaktionen – in Fabriken und Universitäten– und bei Razzien festgenommen wurden. Die Inhaftierten in der Regel nach tagelangem Verhör und Haft in die für die Widerstandsbekämpfung zuständigen Dienststellen der Zentrale der Waffen-SS in der Merlinstraße überführt.

Nach der Befreiung beherbergte das Gebäude den Sitz der Nationalen Befreiungsfront, EAM, der größten Widerstandsorganisation des besetzten Griechenlands.

Koraisstraße 4 - Χώρος Ιστορικής Μνήμης 1941 - 1944. Photo: © Cultruplay

Seit dem Jahre 2008 sind die Haftzellen in den Kellergeschossen des Gebäudes, dessen Eigentümer bis heute die Versicherungsanstalt „Ethniki Asfalistiki“ ist, für die Öffentlichkeit und Schulen zur Besichtigung geöffnet worden. Bis heute sind an den Wänden der Zellen die von Inhaftierten eingeritzten Namen, Bilder, Skizzen und Schriftzüge sichtbar.

Poi sammlung 01 de IGNORECLICK .jpg

Bibliographie

Anna Maria Droumbouki, „Korai 4. Das Gefängnis im Herzen der Stadt“, „Sti sofronistiki apoikia tou Kafka“, Verlag Nefeli, Athen 2009, S. 59 – 70 (online: http://www.goethe.de/mmo/priv/4167306-STANDARD.pdf)

Link

http://korai4.gr/

Standort

Koraisstraße 4
Athen