Ukraine:Wolodymyr-Steig und die erste elektrische Straßenbahn in Osteuropa: Unterschied zwischen den Versionen

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Die erste private Apotheke in Kiew wurde von dem deutschen Kolonisten Johann Geiter 1728 in der Unterstadt Kiews - Podil - gegründet. Sie befand sich in der Mitte eines Dreiecks, das durch drei Kirchen gebildet wurde. Vielleicht war es wirklich Gottes Hand, die das Gebäude der alten Apotheke vor allen Bränden schützte, die in dem vorwiegend mit Holzhäusern bebauten Stadtteil immer wieder große Schäden anrichteten.  
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Seit uralten Zeiten besteht Kiew aus drei Stadtkernen: die untere Stadt (Podil), die obere Stadt (Fürstenstadt) und die Kiewer Lawra (oder Kiewer Höhlenkloster). Die obere Stadt entwickelte sich historisch aus der frühmittelalterlichen Stadt der Fürsten mit Palästen und Steinkirchen, darunter die Sophienkathedrale, das Goldene Tor etc. In der unteren Stadt wohnten vorwiegend Handwerker, Händler und Fischer. Auf einem anderen Hügel wuchs die Stadt um die wichtigste Kirche und das religiöse Zentrum Kiews, das Höhlenkloster.  
  
 
[[Datei:UKRAINE_021_2_Wolodymyrsteig_Haeuschen.jpg|750px|thumb|left|Altes Häuschen auf dem Wolodymyr-Steig © Goethe-Institut / Serhiy Klymenko]]
 
[[Datei:UKRAINE_021_2_Wolodymyrsteig_Haeuschen.jpg|750px|thumb|left|Altes Häuschen auf dem Wolodymyr-Steig © Goethe-Institut / Serhiy Klymenko]]
1750 übernahm das Anwesen und die Apotheke Georg Friedrich Bunge, der Schwiegersohn von Johann Geiter. Aus seiner Familie sind berühmte Dynastien von Ärzten, Apothekern und Wissenschaftlern hervorgegangen. Sein Sohn Christian Bunge studierte Medizin und wurde einer der ersten Kinderärzte in Kiew. Ein anderer Sohn, Christopher Bunge, wurde Vize-Rektor der Moskauer Universität. Auch Nikolai Bunge, der Enkel von Georg Friedrich Bunge, machte eine beeindruckende Karriere: Professor und Rektor an der Kiewer Universität, später Finanzminister und Vorsitzender des Ministerkomitees des russischen Zarenreichs.
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Bis zum 19. Jahrhundert gab es zwischen der unteren Stadt Podil und der Lawra keine ordentliche Straße. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts begann man eine richtige Straße zu bauen, die heute als Wolodymyr-Steig bekannt ist.  
  
[[Datei:UKRAINE_021_3_Wladimirsteig_Archivfoto1-(1930-er-Jahre).jpg|750px|thumb|left|Straßenbahn am Fuß des Wolodymyr-Steiges in den 1930er-Jahren © Staatliches Pschenytschnyj-Filmfotoarchiv der Ukraine / Archivbild]]
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Damals gab es in Kiew fast keine öffentlichen Verkehrsmittel, nur Kutschen und mit Pferden gespannte Wagen. Um das Problem zu lösen, kam der russische Ingenieur deutscher Herkunft Amand Struve (1835-1898) auf die Idee, auf den Straßen Schienen zu verlegen und von Pferden gezogenen Straßenbahnen einzuführen.  
Georg Bunge war sehr gläubig und gründete die deutsch-evangelische Gemeinde Kiews. Der erste Gottesdienst fand im August 1767 in der Apotheke statt. Und schon bald verwandelte sich die Apotheke zum Zentrum der deutschen Gemeinschaft in Kiew. Der erste Pfarrer der bis heute noch existierenden deutsch-evangelischen St. Katharinen Gemeinde wurde der Hauslehrer und später Schwiegersohn von Georg Bunge – Christopher Lebrecht Graal.
 
  
[[Datei:UKRAINE_021_4_Wladimirsteig_Archivfoto2-(1950-er-Jahre).jpg|750px|thumb|left|Straßenbahn am Wolodymyr-Steig in den 1950er-Jahren © Staatliches Pschenytschnyj Filmfotoarchiv der Ukraine / Archivbild]]
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[[Datei:UKRAINE_021_3_Wladimirsteig_Archivfoto1-(1930-er-Jahre).jpg|750px|thumb|left|Straßenbahn am Fuß des Wolodymyr-Steiges in den 1930er Jahren. Archivbild © Staatliches Pschenytschnyj-Filmfotoarchiv der Ukraine]]
Das Angebot der Bunge-Apotheke im 18. Jahrhundert war sehr groß: über 950 verschiedene Pillen, Salben, Tinkturen und Mixturen. Damals gab es verschiedene Arzneimittel für die arme und die reiche Bevölkerung. Die Zusammensetzung der Arzneien und dementsprechend auch der Preis waren unterschiedlich. Zum Beispiel, die Seife für die ärmere Bevölkerung wurde aus Hundefett gemacht, wobei die Wohlhabenden die Seife aus Palmen- und Olivenöl kauften. Die von der Apotheke hergestellten teuren Pillen und Mixturen dienten für viele nicht nur als ein Arzneimittel, sondern waren auch Ausdruck von Prestige.
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Bald wurden fast überall im Stadtzentrum Schienen verlegt, die sich von den heutigen Straßenbahnschienen kaum unterscheiden. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass die Pferde-Straßenbahn an den steilen Kiewer Straßen versagte, die Pferdekraft reichte nicht aus, um den Wagen nach oben zu ziehen.
  
[[Datei:UKRAINE_021_5_Wladimirsteig_Archivfoto3-(1960-er-Jahre).jpg|750px|thumb|left|Straßenbahn am Sophienplatz in den 1960er-Jahren © Staatliches Pschenytschnyj Filmfotoarchiv der Ukraine / Archivbild]]
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Amand Struve hatte sofort eine andere Lösung parat: eine elektrische Straßenbahn. Am 13. Juni 1892 fuhr die erste Straßenbahn Osteuropas über den Wolodymyr-Steig. In den nächsten Jahren wurden die meisten Pferde-Straßenbahnen durch elektrische ersetzt. Die einzige noch aktive Pferde-Straßenbahn weltweit befindet sich an der Douglas-Bucht in den USA.  
Neben den Exponaten, die über das Fach und Leben eines Apothekers berichten, beherbergt das Gebäude der Apotheke und gleichzeitig das Wohnhaus der Familie Bunge auch die alte Innenausstattung des Hauses einer wohlhabenden deutschen Familie.  
 
  
In den 1980er Jahren konnte das Haus gemäß der ursprünglichen Planung rekonstruiert werden, um dann als das Apothekenmuseum weiter zu bestehen. Die in zwölf Sälen untergebrachte Ausstellung spiegelt die Geschichte und Entwicklung der Pharmakologie in Kiew im 18.-19. Jahrhundert wider.
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[[Datei:UKRAINE_021_4_Wladimirsteig_Archivfoto2-(1950-er-Jahre).jpg|750px|thumb|left|Straßenbahn am Wolodymyr-Steig in den 1950er Jahren. Archivbild © Staatliches Pschenytschnyj-Filmfotoarchiv der Ukraine]]
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An die erste elektrische Straßenbahn erinnert heute ein hübsches kleines Denkmal am Poschtowa Ploschtscha. Am 11. April 1977 fuhr eine Straßenbahn zum letzten Mal über den Wolodymyr-Steig.  
  
Handgemachte Seifen und Biosalben, die nach alten Rezepturen angefertigt werden, werden auch heute noch in der Apotheke angeboten und dienen als kleines Andenken an den Besuch der fast 300 Jahre alten Apotheke.{{#newBox:}}
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[[Datei:UKRAINE_021_5_Wladimirsteig_Archivfoto3-(1960-er-Jahre).jpg|750px|thumb|left|Straßenbahn am Sophienplatz in den 1960er Jahren. Archivbild © Staatliches Pschenytschnyj-Filmfotoarchiv der Ukraine]]
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Amand Struve war zugleich ein erfolgreicher Ingenieur und Geschäftsmann. Er baute mehrere Eisenbahnbrücken und besaß einige Stahl- und Dampflokbetriebe. Fast ein Drittel aller Lokomotiven im Russischen Reich wurden in Struve-Werken hergestellt. So entwickelte er auch das Straßenbahnnetz mithilfe seiner eigenen Produktion. Die Kiewer Straßenbahn wird ein ewiges Denkmal für den innovativen Ingenieur Amand Struve sein.
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== Standortinformationen ==
 
== Standortinformationen ==
'''Der Wolodymyr-Steig und die erste elektrische Straßenbahn in Osteuropa'''<br>
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'''Wolodymyr-Steig und die erste elektrische Straßenbahn in Osteuropa'''<br>
Kiew, Wolodymyrskyj uswis (Wolodymyr-Steig)
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Kiew, Wolodymyrskyj uzwiz (Wolodymyr-Steig)

Aktuelle Version vom 4. September 2020, 16:29 Uhr

Blick auf Podil vom Wolodymyr-Steig © Goethe-Institut / Serhiy Klymenko

Seit uralten Zeiten besteht Kiew aus drei Stadtkernen: die untere Stadt (Podil), die obere Stadt (Fürstenstadt) und die Kiewer Lawra (oder Kiewer Höhlenkloster). Die obere Stadt entwickelte sich historisch aus der frühmittelalterlichen Stadt der Fürsten mit Palästen und Steinkirchen, darunter die Sophienkathedrale, das Goldene Tor etc. In der unteren Stadt wohnten vorwiegend Handwerker, Händler und Fischer. Auf einem anderen Hügel wuchs die Stadt um die wichtigste Kirche und das religiöse Zentrum Kiews, das Höhlenkloster.

Altes Häuschen auf dem Wolodymyr-Steig © Goethe-Institut / Serhiy Klymenko

Bis zum 19. Jahrhundert gab es zwischen der unteren Stadt Podil und der Lawra keine ordentliche Straße. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts begann man eine richtige Straße zu bauen, die heute als Wolodymyr-Steig bekannt ist.

Damals gab es in Kiew fast keine öffentlichen Verkehrsmittel, nur Kutschen und mit Pferden gespannte Wagen. Um das Problem zu lösen, kam der russische Ingenieur deutscher Herkunft Amand Struve (1835-1898) auf die Idee, auf den Straßen Schienen zu verlegen und von Pferden gezogenen Straßenbahnen einzuführen.

Straßenbahn am Fuß des Wolodymyr-Steiges in den 1930er Jahren. Archivbild © Staatliches Pschenytschnyj-Filmfotoarchiv der Ukraine

Bald wurden fast überall im Stadtzentrum Schienen verlegt, die sich von den heutigen Straßenbahnschienen kaum unterscheiden. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass die Pferde-Straßenbahn an den steilen Kiewer Straßen versagte, die Pferdekraft reichte nicht aus, um den Wagen nach oben zu ziehen.

Amand Struve hatte sofort eine andere Lösung parat: eine elektrische Straßenbahn. Am 13. Juni 1892 fuhr die erste Straßenbahn Osteuropas über den Wolodymyr-Steig. In den nächsten Jahren wurden die meisten Pferde-Straßenbahnen durch elektrische ersetzt. Die einzige noch aktive Pferde-Straßenbahn weltweit befindet sich an der Douglas-Bucht in den USA.

Straßenbahn am Wolodymyr-Steig in den 1950er Jahren. Archivbild © Staatliches Pschenytschnyj-Filmfotoarchiv der Ukraine

An die erste elektrische Straßenbahn erinnert heute ein hübsches kleines Denkmal am Poschtowa Ploschtscha. Am 11. April 1977 fuhr eine Straßenbahn zum letzten Mal über den Wolodymyr-Steig.

Straßenbahn am Sophienplatz in den 1960er Jahren. Archivbild © Staatliches Pschenytschnyj-Filmfotoarchiv der Ukraine

Amand Struve war zugleich ein erfolgreicher Ingenieur und Geschäftsmann. Er baute mehrere Eisenbahnbrücken und besaß einige Stahl- und Dampflokbetriebe. Fast ein Drittel aller Lokomotiven im Russischen Reich wurden in Struve-Werken hergestellt. So entwickelte er auch das Straßenbahnnetz mithilfe seiner eigenen Produktion. Die Kiewer Straßenbahn wird ein ewiges Denkmal für den innovativen Ingenieur Amand Struve sein.

Standortinformationen

Wolodymyr-Steig und die erste elektrische Straßenbahn in Osteuropa
Kiew, Wolodymyrskyj uzwiz (Wolodymyr-Steig)