Hausmuseum Richter

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In diesem Haus befindet sich das Hausmuseum von Richter © Batanai Schamu

Dieses Backsteinhaus, das in den 1970er-Jahren gebaut wurde, war früher nur für berühmte Persönlichkeiten zugänglich. Eine Wohnung in solch einem Gebäude zu bekommen galt als großes Glück. Den 16. Stock, direkt unter dem Dach, bezogen der berühmte Pianist Swjatoslaw Richter und seine Frau, die Opernsängerin Nina Dorliak. Diese Wohnung hat jetzt den Status einer Gedenkwohnung; jeder kann sie nach vorheriger Vereinbarung besuchen.

Im großen Zimmer hängen Wandteppiche und Gemälde, dort gibt es zwei antike italienische Stehlampen – ein Geschenk des Bürgermeister von Florenz – und zwei Flügel „Steinway & Sons“, an denen der berühmte Pianist mit anderen Musikern geübt oder geprobt hat. Im selben Raum hörten sich Richter und seine Gäste Opern an oder sahen ihre Lieblingsfilme. Im Büro (Richter nannte es „Schrankzimmer“) gibt es zahlreiche Schränke mit Büchern, Schallplatten und Kassetten. Am wertvollsten war für den Hausherrn der Schrank mit Noten von musikalischen Werken, die er spielte; auf den Notenblättern sind seine persönlichen Aufzeichnungen erhalten geblieben. Die Wohnung beinhaltet viele Geschenke von berühmten Persönlichkeiten – Heinrich Neuhaus, Alexander Solschenizyn, Elena Bulgakowa und anderen.

An den Konzerttagen verwandelte sich der Aufenthaltsraum, der „grünes Zimmer“ genannt wurde, in eine Künstlergarderobe. Richter besaß nicht nur ein überwältigendes musikalisches Talent, sondern war auch künstlerisch begabt – im kleinen Zimmer sind seine Pastelle mit erstaunlicher Lichtdarstellung ausgestellt. Die Besichtigungen in diesem Museum werden mit Ton- und Videoaufnahmen begleitet.

Swjatoslaw Richter (1915–1997) wurde in Schytomyr in die Familie des talentierten deutschen Pianisten, Organisten und Komponisten Teofil Richter, Lehrer am Konservatorium und Organist der Stadtkirche Odessa, geboren. Die Mutter von Richter, Anna Moskaljowa, hatte ebenfalls deutsche Wurzeln (in der mütterlichen Linie stammte sie aus der Familie von Reinke). Im Jahr 1922 zog die Familie nach Odessa, wo Richter begann, das Klavierspielen und Komponieren zu erlernen. Sein erster Lehrer war sein Vater. Von 1930 bis 1932 arbeitete Richter als Korrepetitor am Palast der Seeleute, dann an der Philharmonie Odessa. Kurz nach seinem ersten Solokonzert im Jahre 1934 bekam er eine Stelle als Klavierbegleiter am Opernhaus Odessa. 1937 wurde Richter am Moskauer Konservatorium angenommen, wo er bei dem Pianisten deutscher Herkunft Heinrich Neuhaus studierte.

Ansicht des Hausflurs im Haus an der Bolschaja-Bronnaja-Straße 2/6 © Batanai Schamu
Richter führte erstmalig eine Reihe neuer Werke auf, darunter die siebte Klaviersonate von Sergei Prokofjew. Im Jahr 1943 traf Richter zum ersten Mal die Sängerin Nina Dorliak, die später seine Frau wurde und oft mit ihrem Mann in Konzerten auftrat. Nach dem Sieg beim Dritten Unionswettbewerb der ausübenden Musiker erlangte der Maestro großen Ruhm und wurde einer der führenden sowjetischen Pianisten. Richters Konzerte in New York und anderen US-Städten in den 1960er-Jahren waren eine echte Sensation. Richter war der erste sowjetische Künstler, der einen Grammy für die Aufführung des Zweiten Klavierkonzerts von Brahms bekam. In den Jahren 1960 bis 1980 gab Richter jedes Jahr mehr als 70 Konzerte, tourte durch verschiedene Länder und zog dabei Kammersäle großen Konzerthallen vor. Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag auf den Werken von Haydn, Schubert, Chopin, Schumann, Liszt und Prokofjew. Richters Aufführung zeichnete sich durch technische Perfektion, eine zutiefst individuelle Herangehensweise an das musikalische Werk sowie ein Gefühl für Zeit und Stil aus. Richter war Begründer einiger Musikfestivals – des jährlichen Sommerfestivals Fêtes Musicales en Touraine (Frankreich) und der berühmten „Dezemberabende“ am Staatlichen Museum für Bildende Künste (Puschkin-Museum) in Moskau. Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen unterrichtete Richter nie. Auf Wunsch von Richter herrschte bei seinen letzten Auftritten völlige Dunkelheit auf der Bühne – nur die auf dem Flügelpult stehenden Noten wurden von einer Lampe beleuchtet. Der Pianist glaubte, dass diese Atmosphäre dem Publikum die Möglichkeit gab, sich auf die Musik zu konzentrieren, ohne abgelenkt zu werden. Das letzte Konzert von Richter fand 1995 in Lübeck statt. Am 1. August 1997 starb Richter an einem Herzinfarkt in einem Moskauer Krankenhaus. Er wurde auf dem Nowodewitschi-Friedhof in Moskau beerdigt.

Standortinformationen

Hausmuseum Richter
Moskau, Bolschaja-Bronnaja-Straße 2/6