Der Architekt Theo Wiederspahn in Porto Alegre

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Brauerei Bopp Foto: Ricardo André Frantz © CC-BY-SA-3.0

Theodor Alexander Josef Wiederspahn wurde 1878 in Wiesbaden geboren. Mit 14 Jahren war er bereits Maurerlehrling und machte 1896 seinen Abschluss an der Königlichen Baugewerkschule in Idstein, Hessen. Sein erstes Werk als Architekt war eine herrschaftliche Villa, die für die Firma seines Vaters gebaut wurde. Wiederspahn errichtete zahlreiche Gebäude in Deutschland, die beide Weltkriege überstanden und wovon vier heute unter Denkmalschutz stehen. 1908 wanderte er nach Brasilien aus und ließ sich in Porto Alegre nieder, wo bereits sein Bruder Heinrich Josef lebte. Bald darauf trat er in das Architektur- und Bauingenieurbüro des Südbrasilianers Rudolph Ahrons ein, damals der wichtigste Architekt in Rio Grande do Sul. Von da an begann Wiederspahns kometenhafter Aufstieg. Er baute zahlreiche markante Gebäude in Porto Alegre und prägte damit das Bild des heutigen historischen Stadtzentrums.

Edifício Ely Foto: Ricardo André Frantz © CC-BY-SA-3.0

Der Stil Wiederspahns ist ausgesprochen eklektisch mit einem starken Einfluss des deutschen Jugendstils. Während Rio de Janeiro französisch inspiriert war und São Paulo italienischen Einfluss erfahren hatte, war die junge Stadt Porto Alegre aufgrund der umtriebigen Einwanderer deutlich deutsch geprägt. Wiederspahn zeichnete für zahlreiche Großprojekte in der südbrasilianischen Metropole verantwortlich, wie zum Beispiel das Gebäude Edifício Ely, den Sitz der Zentralen Post- und Telegrafengesellschaft (heute Memorial do Rio Grande do Sul), das Hotel Majestic (heute Kulturhaus Mário Quintana) und das monumentale Gebäude der ehemaligen Brauerei Bopp (heute Einkaufszentrum Shopping Total). Er entwarf ebenfalls zahlreiche Wohn- und Lagergebäude sowohl in Porto Alegre als auch im gesamten Bundesstaat Rio Grande do Sul.

In vier Jahrzehnten realisierte Wiederspahn mehr als 500 Projekte, aber im Zeichen der Modernisierung musste er auch mehrere Abrisswellen erleben sowie die spätere Kritik am eklektischen Stil. Während des Ersten Weltkrieges setzten ihn Deutschland-Gegner auf eine „schwarze Liste“ und die Krise von 1929 brachte ihm vollends den Ruin. Als 1933 ein Eintrag in die Berufskammer erforderlich wurde, wurde Wiederspahn nur als „bauvorlagenberechtigt“ zugelassen. Die aufkommende schwerfällige Architektur der Zeit Vargas’ mit ihrem totalitären Charakter trat damals in Widerspruch zu dem detailreichen Stil Wiederspahns. Während des Zweiten Weltkrieges musste er seine Tätigkeit als Architekt unterbrechen und wurde Verwalter auf der Baustelle für ein Casino in der Stadt Canela, das aber nie fertiggestellt wurde. Schließlich wurde er von der politischen Polizei festgenommen und verstarb 1952 verbittert und vergessen. Heutzutage ist der Name Wiederspahns rehabilitiert und viele sehen in ihm einen der größten Architekten von Rio Grande do Sul.

Audio zu Theo Wiederspahn

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Standortinformationen

Shopping Total
Avenida Cristóvão Colombo, 545
Floresta
90560-000
Porto Alegre – RS