Wolodymyr-Steig und die erste elektrische Straßenbahn in Osteuropa

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Blick auf Podil vom Wolodymyr-Steig © Goethe-Institut / Serhiy Klymenko

Die erste private Apotheke in Kiew wurde von dem deutschen Kolonisten Johann Geiter 1728 in der Unterstadt Kiews - Podil - gegründet. Sie befand sich in der Mitte eines Dreiecks, das durch drei Kirchen gebildet wurde. Vielleicht war es wirklich Gottes Hand, die das Gebäude der alten Apotheke vor allen Bränden schützte, die in dem vorwiegend mit Holzhäusern bebauten Stadtteil immer wieder große Schäden anrichteten.

Altes Häuschen auf dem Wolodymyr-Steig © Goethe-Institut / Serhiy Klymenko

1750 übernahm das Anwesen und die Apotheke Georg Friedrich Bunge, der Schwiegersohn von Johann Geiter. Aus seiner Familie sind berühmte Dynastien von Ärzten, Apothekern und Wissenschaftlern hervorgegangen. Sein Sohn Christian Bunge studierte Medizin und wurde einer der ersten Kinderärzte in Kiew. Ein anderer Sohn, Christopher Bunge, wurde Vize-Rektor der Moskauer Universität. Auch Nikolai Bunge, der Enkel von Georg Friedrich Bunge, machte eine beeindruckende Karriere: Professor und Rektor an der Kiewer Universität, später Finanzminister und Vorsitzender des Ministerkomitees des russischen Zarenreichs.

Straßenbahn am Fuß des Wolodymyr-Steiges in den 1930er-Jahren © Staatliches Pschenytschnyj-Filmfotoarchiv der Ukraine / Archivbild

Georg Bunge war sehr gläubig und gründete die deutsch-evangelische Gemeinde Kiews. Der erste Gottesdienst fand im August 1767 in der Apotheke statt. Und schon bald verwandelte sich die Apotheke zum Zentrum der deutschen Gemeinschaft in Kiew. Der erste Pfarrer der bis heute noch existierenden deutsch-evangelischen St. Katharinen Gemeinde wurde der Hauslehrer und später Schwiegersohn von Georg Bunge – Christopher Lebrecht Graal.

Straßenbahn am Wolodymyr-Steig in den 1950er-Jahren © Staatliches Pschenytschnyj Filmfotoarchiv der Ukraine / Archivbild

Das Angebot der Bunge-Apotheke im 18. Jahrhundert war sehr groß: über 950 verschiedene Pillen, Salben, Tinkturen und Mixturen. Damals gab es verschiedene Arzneimittel für die arme und die reiche Bevölkerung. Die Zusammensetzung der Arzneien und dementsprechend auch der Preis waren unterschiedlich. Zum Beispiel, die Seife für die ärmere Bevölkerung wurde aus Hundefett gemacht, wobei die Wohlhabenden die Seife aus Palmen- und Olivenöl kauften. Die von der Apotheke hergestellten teuren Pillen und Mixturen dienten für viele nicht nur als ein Arzneimittel, sondern waren auch Ausdruck von Prestige.

Straßenbahn am Sophienplatz in den 1960er-Jahren © Staatliches Pschenytschnyj Filmfotoarchiv der Ukraine / Archivbild

Neben den Exponaten, die über das Fach und Leben eines Apothekers berichten, beherbergt das Gebäude der Apotheke und gleichzeitig das Wohnhaus der Familie Bunge auch die alte Innenausstattung des Hauses einer wohlhabenden deutschen Familie.

In den 1980er Jahren konnte das Haus gemäß der ursprünglichen Planung rekonstruiert werden, um dann als das Apothekenmuseum weiter zu bestehen. Die in zwölf Sälen untergebrachte Ausstellung spiegelt die Geschichte und Entwicklung der Pharmakologie in Kiew im 18.-19. Jahrhundert wider.

Handgemachte Seifen und Biosalben, die nach alten Rezepturen angefertigt werden, werden auch heute noch in der Apotheke angeboten und dienen als kleines Andenken an den Besuch der fast 300 Jahre alten Apotheke.

Standortinformationen

Der Wolodymyr-Steig und die erste elektrische Straßenbahn in Osteuropa
Kiew, Wolodymyrskyj uswis (Wolodymyr-Steig)