Casa Bianca

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Casa Bianca. Photo: George Kogias © Goethe-Institut Thessaloniki

Casa Bianca (3:54)

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Im Hamidiye-Viertel nahm das Wohnhaus der Familie Fernandez unter den berühmten sogenannten „Türmen“, also unter den Villen mit den großen Gärten der großbürgerlichen Familien von Thessaloniki, eine besondere Stellung ein. Die Familie von Dino Joseph Fernandez-Diaz mit italienisch-jüdischen Wurzeln war eine der wichtigsten von Thessaloniki. Sie und die Familien der Modiano, Allatini und Morpurgo führten die bedeutendsten Handelshäuser der Stadt.

Die Villa wurde 1912 nach Plänen des italienischen Architekten Pierro Arrigoni erbaut und war das Hochzeitsgeschenk von Dino Fernandez an seine Ehefrau Blanche de Mayer. Von ihr erhielt sie auch ihren Namen und wurde als Villa Blanche, Casa Bianca oder Villa Fernandez bekannt.

Casa Bianca. Photo: George Kogias © Goethe-Institut Thessaloniki

Das Gebäude ist zweistöckig mit einem ausgebauten Dachgeschoss und steht inmitten von Pinienbäumen. In seiner Architektur finden sich Elemente des Neoklassizismus und der Renaissance, doch vor allem des damals modernen Jugendstils, der in Europa vorherrschte, worin sich auch die Weltoffenheit der Bourgeoisie der Stadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts widerspiegelt. Trotz des Eklektizismus, der die Architektur der Villa bestimmt, und der Elemente aus anderen Architekturströmungen ist sie im Bereich des Jugendstils anzusiedeln, da die Elemente, die Außenwände und Innenräume gliedern, wie etwa die runden Fenster, die ovalen Oberlichter, die dekorativen Friese, die Holztüren und die Beschläge, dieser neuen Stilrichtung angehören. Das eigenwillige Dach, das auf die mitteleuropäische Architektur verweist, ist ein typisches Merkmal für Arrigonis Entwürfe, das wir auch bei anderen Gebäuden von ihm in der Stadt antreffen. Die imposante Treppe der Villa, die runden Fenster und die Asymmetrie der sich überschneidenden Spitzdächer machen es zu einem der eindrucksvollsten Bauwerke der Stadt.

Casa Bianca. Photo: George Kogias © Goethe-Institut Thessaloniki

Die Villa Bianca wurde nicht nur durch ihre einzigartige, reiche Architektur bekannt, sondern auch wegen der Liebesgeschichte von Aline, einer der Fernandez-Töchter. Aline lernte 1912 nach der Befreiung der Stadt den Adjutanten Spyros Alibertis, Kommandeur der 7. Division der griechischen Armee, kennen und verliebte sich in ihn.

Liebesbeziehungen zwischen Personen unterschiedlicher Religionsgemeinschaften wurden in der damaligen Zeit nicht ohne Weiteres akzeptiert. Gegen die Liebe der jungen Leute stellten sich der Oberrabbiner von Thessaloniki und Vertreter der Jüdischen Gemeinde und sorgten dadurch für Schlagzeilen in den damaligen Zeitungen. Trotz der Reaktionen, die es auf die Liebe des Paares gab, wie wir aus der Zeitung „To Fos“ vom 8. März 1914 erfahren, traf das Fräulein Aline unter dem Vorwand, eine befreundete Familie zu besuchen, Alibertis an der Landungsbrücke und sie bestiegen ein Dampfschiff, das sie nach Chalkida brachte. Später gab dann Alines Vater seinen Segen, das Paar kehrte nach Thessaloniki zurück und ließ sich in der Villa nieder, die nunmehr mit ihrer aufsehenerregenden Liebegeschichte fest verbunden war.

Casa Bianca. Photo: George Kogias © Goethe-Institut Thessaloniki

1941 wurde die Casa Bianca während der Besatzungszeit von den Italienern und später von den Deutschen beschlagnahmt. Als die Judenverfolgungen einsetzten, musste sich das Paar Alibertis verstecken, während die Familie Fernandez nach Italien floh, wo sie jedoch 1943 von Männern der SS aufgespürt und ermordet wurde. Von der Familie überlebte nur das Paar Alibertis.

Nach Alines Tod 1965 hatte das Gebäude wechselnde Eigentümer, der Name aber blieb. In den 1960er Jahren war dort ein Kindergarten untergebracht, und nachdem man das Gebäude eine Zeitlang aufgegeben hatte, wurde es 1994-1997 restauriert und dient der Stadt Thessaloniki heute als Ausstellungsraum.

Standort

Casa Bianca
Vasilissis-Olgas-Boulevard 214
Thessaloniki