Rosa von Praunheim: Geboren im Zentralgefängnis

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Rosa von Praunheim vor dem Haus seiner Adoptiveltern in Riga. Foto: © Rosa von Praunheim

Unter seinem Künstlernamen wurde er zu einem der bekanntesten deutschen Filmemacher. Geboren aber wurde Rosa von Praunheim im Rigaer Zentralgefängnis. Doch davon wusste er lange nichts.

Mit 58 Jahren nimmt das Leben von Rosa von Praunheim eine neue Wendung. Kurz vor ihrem Tod offenbart seine 94-jährige Mutter dem bekannten Regisseur, dass er nicht ihr leiblicher Sohn ist. Vielmehr habe sie ihn 1942 während der deutschen Besatzung aus einem Kinderheim in Riga adoptiert und bei Kriegsende mit nach Deutschland genommen.

Zunächst untersagt sich der als Holger Mischwitzky aufgewachsene Filmemacher aus Liebe zu seiner Adoptivmutter weitere Nachforschungen. Doch nach ihrem Tod 2003 erwacht seine Neugier – und er macht sich auf die aussichtslos scheinende Suche nach seiner wahren Herkunft. Dazu durchstöbert von Praunheim Archive, spricht mit Zeitzeugen und Historikern und besucht seine Geburtsstadt Riga.

Rosa von Praunheim im Staatlichen Historischen Archiv in Lettland. Foto: © Rosa von Praunheim

Anfangs hat von Praunheim kaum Anhaltspunkte. Erst der zufällige Fund längst verloren geglaubter Dokumente lässt ihn auf die Spur seiner leiblichen Mutter und deren Familie stoßen. Und ihn erfahren, dass er unter dem Namen Holger Radtke im Zentralgefängnis von Riga zur Welt kam. Weshalb seine Mutter, die später in der Psychiatrie starb, damals verhaftet wurde, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Auch die Suche nach dem Vater verläuft im Sand.

Rosa von Praunheim vor dem Rigaer Zentralgefängnis. Foto: © Rosa von Praunheim

Seine Recherche hat der Regisseur und Schwulen-Aktivist, der als Vorkämpfer für die homosexuelle Emanzipation einst die deutsche Gesellschaft aufschreckte, in einem bewegenden Dokumentarfilm festgehalten. Beiläufig und intentionslos veranschaulicht „Meine Mütter“ dabei auch die Gräueltaten des NS-Regimes.

Filmplakat „Meine Mütter“. Foto: © Rosa von Praunheim

„Meine Dreharbeiten in Riga im Sommer 2007 waren die bewegendsten meines Lebens“, erinnert sich von Praunheim. Für viele Kritiker ist der Film einer der besten der mehr als 70 Produktionen des Regisseurs, der oft als Vertreter des experimentellen schwulen Nischenkinos abgetan wird.

Standortinformation

Rigaer Zentralgefängnis
Mazā Matīsa iela 3
Rīga, LV-1009
LETTLAND

Deutsche Spuren in Lettland

Ein Projekt des Goethe-Instituts Lettland.
Autor: Alexander Welscher