Das Fachwerkhaus

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Das Fachwerkhaus in Samara © Pawel Kartaschow

Bei einem Spaziergang durch die Altstadt von Samara fällt ein altes Fachwerkhaus auf, ein Bau, der für die Region eher untypisch ist. Wie kam dieses europäische Gebäude in die Straßen von Samara?

Sein Besitzer Ossip (Josef) Hirschfeld wurde 1862 in Rowno in Wolynien in einer deutsch-jüdischen Familie geboren. Sein Vater war Rechtsanwalt. Ossip wählte ebenfalls diesen Beruf und studierte Jura an der Universität in Sankt Petersburg. Als Student begeisterte er sich für revolutionäre Ideen, wurde exmatrikuliert und unter Polizeibewachung nach Samara ausgewiesen. Ossip setzte sein Studium an der Universität in Kasan fort und arbeitete anschließend in Jekaterinburg. Dort wurde er wiederum des schädlichen Einflusses auf junge Leute beschuldigt und 1887 nach Samara verbannt, wo er bis 1909 lebte.

Das Fachwerkhaus in Samara: Fassadenansicht © Pawel Kartaschow

In Samara war Ossip Hirschfeld als Rechtsanwalt tätig. Hier lernte er Wladimir Iljitsch Lenin kennen. In Hirschfelds Mietswohnung trafen sich revolutionär gestimmte junge Leute, es wurde heftig diskutiert. Allmählich entfremdete sich Ossip aber von den marxistischen Ideen und widmete sich voll und ganz seiner beruflichen Tätigkeit. Hirschfeld eröffnete ein Rechtsanwaltsbüro, wurde zu einem angesehenen Bürger der Stadt und gründete eine Familie. 1903 baute er ein Haus in der Saratowskaja-Straße an (heute Frunsestraße 75), das nach einem Entwurf des Architekten Georgi Moschkow im Jugendstil errichtet wurde.

Das Fachwerkhaus in Samara: Ansicht von der Frunsestraße © Pawel Kartaschow

Seine Zeitgenossen beschrieben Ossip Hirschfeld als einen offenen, freundlichen Menschen, der gerne Bedürftigen half. Mit den Jahren bekam er Heimweh. Er meldete sich im Klub der deutschen Kolonisten an und stellte in sein Haus deutsche Diener ein. Vermutlich in dieser Zeit ließ er im Hinterhof seines Wohnhauses ein Fachwerkhaus errichten. Die Namen des Architekten und der Bauingenieure sind leider nicht bekannt. Es handelt sich um das einzige historische Fachwerkhaus in der Region Samara.

Das Haus wechselte mehrmals seine Besitzer. In der Sowjetzeit wurden in dem Haus Kommunalwohnungen eingerichtet. Zurzeit ist es ein Mehrfamilienhaus in einem baufälligen Zustand.

Standortinformationen

Das Fachwerkhaus
Samara, Frunsestraße 75 A