Kapelle der Evangelisch-Lutherischen Kathedrale St. Peter und Paul

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Kapelle der Evangelisch-Lutherischen Kathedrale St. Peter und Paul © Batanai Schamu

Die Kapelle der Evangelisch-Lutherischen Kathedrale St. Peter und Paul zum Andenken an die Verstorbenen wurde 1892 nach den Plänen des berühmten Architekten deutscher Herkunft, Fjodor Schechtel, erbaut. Er stammte aus einer Familie von Kolonisten aus Bayern, die im Juni 1766 nach Russland kamen und die deutsche Kolonie Sсhuсk (heute das Dorf Partisanskoje im Saratower Gebiet) gründeten. Die Masseneinwanderung von Deutschen hing mit dem Erlass der Manifeste von Katharina II. in den Jahren 1762/1763 zusammen: „Über die Erlaubnis für Ausländer, sich in Russland häuslich niederzulassen, und die freie Rückkehr von Russen, die ins Ausland geflohen sind“ und „Über die Erlaubnis für alle Ausländer, die nach Russland kommen, sich in allen Gebieten nach ihrer Wahl häuslich niederzulassen, mit ihren Rechten und Vorteilen“.

Nach diesen Erlassen wurden die nach Russland kommenden Einwanderer zu verschiedenen Bedingungen von „allen Abgaben und Diensten“ befreit, erhielten für zehn Jahre ein zinsloses Darlehen zum Bau von Häusern, für den Kauf von Lebensmitteln vor der ersten Ernte, für Vieh, landwirtschaftliche Geräte und Werkzeuge. Darüber hinaus wurde die vollständige Selbstverwaltung in den Kolonien erlaubt, ohne jegliche Einmischung seitens der Regierungsbeamten.

Kapelle der Evangelisch-Lutherischen Kathedrale St. Peter und Paul © Batanai Schamu

In den 1820er-Jahren zog der Großvater von Fjodor Schechtel nach Saratow und ließ sich im Zentrum der Stadt, in der Moskowskaja-Straße, nieder. Die älteren Brüder von Fjodors Vater, Franz und Alois, waren erfolgreich im Familiengeschäft tätig: Sie hatten mehrere Geschäfte, die Stoff, Kleidung, Wein, Gold- und Silberprodukte, Tapeten, Alabasterkunst, Gemälde und Saratow-Tabak verkauften. Sie besaßen drei Häuser, das beste Hotel der Stadt „Zimmer Schechtel“, eine Weberei und eine Stärkefabrik. Die Waren wurden in Moskau, Sankt Petersburg, auf Messen in Nischni Nowgorod, in Saratow, Krasnojarsk und Jenisseisk verkauft, wo sie ebenfalls eigene Geschäfte unterhielten. Mitte der 1840er-Jahre ging der Vater des Architekten Fjodor Schechtel, Osip Schechtel, an das Technologische Institut von Sankt Petersburg; 1855 heiratete er Rosalia Dorothea (Daria) Getlich. Im Jahre 1859 wurde der zukünftige berühmte Architekt Fjodor (Franz Albert) Schechtel geboren, nach dessen Plänen in Moskau viele architektonische Meisterwerke gebaut wurden. Fjodor Schechtel wird als König des Moskauer Jugendstils bezeichnet und mit dem weltberühmten Gaudi verglichen.

In der Sowjetzeit wurden die Kapelle und die Kathedrale geschlossen und für die Bedürfnisse der Werkstätten des Studios Diafilm umgebaut. Im Mai 1992 wurde das Kapellengebäude als Teil der Kathedrale an die Kirchengemeinde übergeben. Heutzutage wird hier jeden Donnerstagabend Gottesdienst abgehalten.

Standortinformationen

Kapelle der Evangelisch-Lutherischen Kathedrale St. Peter und Paul
Moskau, Starosadski-Gasse, 7/10, Gebäude 6
 

In Kooperation mit dem AOV „Internationaler Verband der deutschen Kultur“

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